Sanitär ist Kultur pur
Zur Geschichte des wasserführenden Handwerks
Installateur – kaum ein Berufsbild, das seit Jahrhunderten so sehr dem technisch-kulturellen Wandel unterworfen ist. Kaum ein Metier, das die hygienische Lebenssituation der Menschen mehr prägt. Kaum ein Beruf, dem mehr gesellschaftliche Anerkennung vorenthalten wird, als dem Handwerk rund um Gas, Wasser – und andere Medien. Eine Chronik der Sanitärkultur.
Die Anfänge des Sanitären liegen an den Wurzeln der Zivilisation, im Zweistromland Mesopotamien. Dort setzte man sich zuerst mit dem Fließen und der Nutzbarmachung des Wassers auseinander. Es ging darum, Felder zu bewässern, später wurde dann das Wasser transportiert. Die Römer überwanden mit Aquädukten die Topografien der Landschaft und machten trockene Gegenden landwirtschaftlich nutzbar. Vom Makrokosmos der Flüsse und Seen ist es noch ein großer Schritt zum Mikrokosmos der Hausinstallation. Vor allem, wenn das Mittelalter dazwischensteht, in dem vieles an Know-how verloren ging, was die Römer kultiviert hatten. Es waren die Mönche, die in ihren Aufzeichnungen das Wissen der Antike bewahrten. Kaum einer weiß das besser als Klaus Kramer – der Chronist des Sanitären.
Klaus Kramer ist weder Historiker noch Installateur. Er ist Fotograf und Schriftsteller mit bildhafter Sprache, der sich in das Thema eingearbeitet hat. Und er hat mit Klaus Grohe, seinerzeit Chef der Firma Hansgrohe, einen Förderer gefunden. Kramer hat auf seinen Recherchereisen Duschen und Badewannen erstanden – und damit das Firmenmuseum des Firmen-Patriarchen bestückt: „Es ging uns immer auch darum, diesem Zweig der Technik Selbstverständnis und Haltung zu geben. Sanitärtechnik war über Jahrtausende nicht weniger als der Gradmesser einer Kultur.“
Aus den Furchen der Frühgeschichte wurden die Rinnen und Rohre der Römer und dann die Rohrsysteme der Neuzeit – bis zur Trinkwasserverordnung, die in Deutschland Gesetzesrang hat. Es gab zu allen Zeiten Technikkundige, die das Wasser planbar und nutzbar machten. Ingenieure – und Handwerker, die sich um die Realisierung der Pläne kümmerten: Blechner, Spengler, Klempner, Flaschner und Blechschläger heißen sie. Das Aufkommen der Gas- und Wasserversorgung im 19. Jahrhundert erforderte eine Trennung des Blechnerhandwerks in den Klempner und sogenannte „Gesundheitstechniker“. Für letztere wurde in den 1880er-Jahren das stilvoll-französische Kunstwort „Installateur“ geschaffen.
Trinkwasser aus der Leitung ist nicht selbstverständlich
Mit dem Installateur kam das Bad ins gemeine Haus und machte eine steile Karriere. In der Wanne und unter der Dusche wurden die Menschen sauber, aus dem wöchentlichen Bad wurde tagtägliche Hygiene. Klaus Kramer kratzt sich am Bart: „Wir nehmen all das als selbstverständlich an. Aber Trinkwasser aus der Leitung ist bis heute in weiten Teilen der Welt keine Selbstverständlichkeit. Genau wie das WC oder eine Dusche, noch dazu mit warmem Wasser.“
Das Wissen um die Wasserversorgung und -entsorgung fasziniert ihn weiter. Auch dass ein kleiner Schwenk in der Technologie gravierende tagtägliche Verhaltensänderungen nach sich ziehen kann: „Alle denken da an das Smartphone. Aber mit der verstellbaren Brausestange hat der alte Hans Grohe die Menschen beim Duschen auf die Füße gestellt – ja vielleicht sogar das Duschen, wie wir es kennen, überhaupt erfunden.“
Klaus Kramer – warum ist es so wichtig, die Vergangenheit des eigenen Berufs zu kennen?
Kramer: Das ist eine Frage der Selbstdefinition. Der Sanitärplaner oder Installateur steht für eine Branche, die Gradmesser der Kultur einer Gesellschaft ist bis heute. Das ist eine große, ehrenhafte Aufgabe – ganz anders, wenn ich mein Tätigkeitsfeld als Gas, Wasser, Schei… begreife.
Und was bedeutet das für die Zukunft?
Kramer: Trinkwasser und die Hygiene in Bad und WC gewinnen zentrale Bedeutung bei einer Weltbevölkerung, die auf die zehn Milliarden zusteuert. Da warten große Herausforderungen auf uns – mit urbanen Wasser- und Abwassernetzen aus den 50er und 60er-Jahren. In den Häusern ist die breite Masse der Rohre freilich etwas jünger.
Wird es den Installateur als Handwerker in Zukunft noch geben?
Kramer: Mit „Installateur“, diesem Kunstwort aus dem Französischen, wurde vieles vorweggenommen. Installateur heißt ja eigentlich „vornehm“ für Verarbeiter und steht für den Wandel von der handwerklichen Grundfertigung aus Rohstoffen hin zum Verbauer von industriellen Fertigteilen. Der Beruf wandelt sich auch heute weiter – weiter weg vom ursprünglichen Handwerksbegriff. Vielleicht braucht er mal wieder einen neuen Namen…